Bürgermeister torpediert staatlichen Netzausbau für die Energiewende
Kurz nachdem die Stadt Eschborn festgestellt hat, dass sie kein Vorkaufsrecht an den landwirtschaftlichen Flächen hat, die kürzlich der staatlichen Übertragungsnetzbetreiberin TenneT veräußert wurden, zaubert der Bürgermeister einen Bebauungsplan für ein 157 Hektar (rund 220 Fußballfelder) großes Sondergebiet „Agri-Photovoltaik“ aus dem Ärmel und legt es den Stadtverordneten vor – ohne vorherige Information und Abstimmung mit allen betroffenen Landwirten, Pächtern, Grundeigentümern und den Bürgern dieser Stadt. Verbunden werden soll der Aufstellungsbeschluss über dieses neue Sondergebiet in der Eschborner Gemarkung mit einer sog. Veränderungssperre, die die Realisierung jeglicher anderer Vorhaben im neuen Bebauungsplan-Gebiet verbietet. Hiervon betroffen wäre auch der Bau des geplanten Umspannwerkes durch die TenneT, für das etwa 20 Hektar Fläche benötigt werden.
Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur sieht Umspannwerk in Eschborn vor
Bei dem in Eschborn geplanten Vorhaben der TenneT handelt es sich um den für die Versorgungssicherheit der Rhein-Main-Region mit seinen Rechenzentren und seinem großen europäischen Internetknotenpunkt dringend erforderlichen Bau eines zusätzlichen Netzverknüpfungspunkts. Dieser Netzverknüpfungspunkt soll gemäß Netzentwicklungsplan der staatlichen Bundesnetzagentur aufgrund der Bedarfstopographie in der Gemarkung Eschborn liegen, er lässt sich auch nicht ohne Weiteres einfach anderenorts realisieren. Nur mit dem geplanten Umspannwerk kann dem steigenden Strombedarf aufgrund der voranschreitenden Elektrifizierung und Digitalisierung begegnet werden. Auch die geplante Regionaltangente West, die Eschborn mit drei Haltestellen wirtschaftlich weiterbringt, benötigt Strom. Damit ist das Umspannwerk in Eschborn unabdingbar und ein weiterer für die Region sehr zentraler Baustein für die Energiewende und dem Ziel eines Klimaneutralitätsnetzes 2050. Der Bau des Umspannwerkes in der Eschborner Gemarkung wird deshalb vom Bund, dem Land Hessen und der Bundesnetzagentur forciert.
Energiewende von Bund und Land wird vor Ort torpediert
Der Bürgermeister der Stadt Eschborn setzt nach seinen eigenen Bekundungen zu diesem Thema jedoch alles daran, den Bau des Umspannwerkes zu verhindern, wohlwissend, dass sein Schein-Bebauungsplan für Agri-Photovoltaik in Eschborn weder benötigt wird, noch umsetzbar ist. Agri-Photovoltaik auf Eschborns hochwertigen Böden ist wirtschaftlicher Nonsens. Dies ist allen, die sich nur ansatzweise damit befassen, bekannt – und von den wenigen, vom Bürgermeister vorab eingeweihten Landwirten eigentlich auch gar nicht gewollt. Es geht nur und ausschließlich um die Verhinderung des Umspannwerkes.
TenneT suchte seit Jahren das Gespräch mit dem Bürgermeister
Die Kontaktaufnahmen durch die TenneT mit dem Bürgermeister sollen bereits im Jahr 2020 und den Folgejahren erfolgt sein. Eine von TenneT angebotene Präsentation des Vorhabens wurde vom Bürgermeister im letzten Jahr jedoch als unerwünscht erklärt, so dass die Eschborner Mandatsträger bis heute in Unwissenheit gehalten wurden. Nun soll die Stadtverordnetenversammlung am kommenden Donnerstag über die Bebauungsplanaufstellung mit Veränderungssperre im vermeintlichen Sondergebiet Agri-PV beschließen. Besonders pikant ist die geplante Abstimmung für die an der Koalition beteiligten Grünen. Ihre Mandatsträger sollen sich nach dem Willen des CDU-Bürgermeisters mit dem Agri-PV-Beschluss explizit gegen die Pläne der im Bund und auf Landesebene mitregierenden Grünen stellen und durch ihr Abstimmungsverhalten vor Ort die Energiewende hintertreiben, indem sie den Bau des Umspannwerkes verhindern.
Agri-PV wäre der stärkere ökologische Eingriff als das Umspannwerk
Unterstellt man wohlwollend, dass sich der ein oder andere Landwirt entgegen jeglicher wirtschaftlicher Logik auf den hiesigen hochwertigen Böden tatsächlich für Agri-PV entscheiden würde, käme es zu einer immensen Verschandelung der Gemarkung durch Photovoltaik-Anlagen, die so hoch aufgebockt sind, dass ein Traktor oder Mähdrescher unter ihnen durchfahren kann. Alleine die für den Aufbau notwendige Befahrung und Verdichtung der Böden, die erforderlichen Fundamente und die für den Abtransport der Strommengen notwendigen Erdarbeiten würden zur großflächigen Zerstörung des vorhandenen Ackerlandes und für sehr viel Verkehr und Unruhe vor Ort führen. Dagegen wäre ein kompaktes Umspannwerk der ökologisch geringere Eingriff. Hinzukommt, dass bei einem Bau eines Umspannwerks der Betreiber zur Schaffung von Ausgleichsflächen verpflichtet wäre, die im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde erstellt und erhalten werden müssen. Insoweit würde sich hier, sowohl im Vergleich zur bisherigen Nutzung als Ackerland und umso mehr im Vergleich zur Nutzung durch PV- Anlagen eine ökologische Aufwertung der bisherigen Agrarsteppe ergeben.
Projekt wird von Landwirten hintertrieben, die selbst gar nicht betroffen sind
Widerstand gegen den Bau des Umspannwerkes kommt von weniger als einer Handvoll Eschborner CDU-nahen Landwirten, die den Bürgermeister offenbar lenken. Die Stimmungsmacher unter Eschborns Landwirten sind allerdings selbst gar nicht direkt betroffen. Ihnen geht kein einziger Quadratmeter Bewirtschaftungsfläche verloren. Tatsächlich gibt nur ein einziger Landwirt gepachtete Bewirtschaftungsfläche auf. Dieser hat der Pachtaufgabe aber schon zugestimmt und damit auch den Weg frei gemacht für Flächentausche.
Hessische Landgesellschaft hat den Flächenerwerb für die TenneT vorbereitet
Dass die TenneT die Interessen der Landwirtschaft durchaus im Blick hat, zeigt sich bereits daran, dass sie die Hessische Landgesellschaft als staatliche Treuhandstelle für die ländliche Bodenordnung in Hessen mit der Koordination der Flächenerwerbe beauftragt hat. Eben diese Gesellschaft, welche die Belange der Landwirtschaft vertritt, hatte im Auftrag der TenneT alle landwirtschaftlichen Grundstückseigentümer in der Gemarkung angeschrieben und den Flächenerwerb durch die TenneT begleitet. Ihre Gesellschafter sind u.a. das Land Hessen und der Hessische Bauernverband.
Bürgermeister gefährdet Eschborn als Wirtschaftsstandort
Auffallend ist, dass der Bürgermeister sich scheinbar bereits 2020 – im Alleingang und ohne jedwede Beteiligung der städtischen Gremien – gegen das TenneT-Projekt vorfestgelegt hat, ohne die Bedeutung des Projektes für den Wirtschaftsstandort Eschborn und die Rhein-Main-Region nur ansatzweise zu erkennen. Adnan Shaikh zieht mit seiner Verhinderungshaltung ein weiteres Mal gegen Eschborner Interessen zu Felde und setzt so die Reputation und den Wohlstand einer der reichsten Städte der Republik aufs Spiel. Die Motivation und Interessenlage dafür sind dabei allein das Geheimnis des CDU-Bürgermeisters, beides bleibt intransparent und undurchsichtig. Die Altvorderen der Eschborner Stadtpolitik, die Eschborn zu dem gemacht haben, was es heute ist, würden sich bei so viel Unverstand und qualifizierter Ahnungslosigkeit im Grabe herumdrehen. Von der Wirtschaftskraft Eschborns profitieren nicht nur der Kreishaushalt, sondern die gesamte Region.
Eschborn, 26. September 2023