Das nächste Millionengrab?
Am vergangenen Donnerstag hat die Koalition aus CDU, Grünen und FWE die vom Bürgermeister vorgelegte Planung zu dem Komplex Rathaus/Stadthalle/Bibliothek mehrheitlich beschlossen. Eschborns Freie Demokraten haben die 135 Millionen Euro schweren Pläne aus mehreren Gründen abgelehnt.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Ralf Engler, betonte eingangs in seiner Stellungnahme, dass sich die Kritik nicht gegen die geplante neue Stadthalle richte, sondern vor allem gegen die Planungen des Rathauses. „Wir begrüßen den geplanten Neubau der Stadthalle. Und wir sind auch der Meinung, da die Stadthalle vordergründig unseren Bürgern und unseren Vereinen dient, dass bei diesem Bau gern über dem einfachen Durchschnitt geplant bzw. gebaut werden darf“, so Engler.
Seit der Übernahme des Projekts durch den amtierenden Bürgermeister, ist für die Freien Demokraten allerdings nicht ansatzweise ein Wille erkennbar, die Dimension und die Kosten des gesamten Vorhabens in einem vernünftigen Maß zu halten. Noch im Oktober 2020, vor nicht einmal vier Jahren, wurde das Budget auf 36,85 Millionen Euro beziffert – und fast einstimmig, bei einer Enthaltung, in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen.
Alleine in den vergangenen 4 Jahren sind die veranschlagten Kosten geradezu explodiert, um rund 100 Millionen Euro, auf inzwischen abenteuerliche 135 Millionen Euro. Diese Summen lassen sich beim besten Willen nicht nur mit gestiegenen Baupreisen begründen, sondern vor allem mit einer immer stärker ausufernden Planung und einem mangelhaften Steuerungsmanagement der Verwaltungsspitze. Ob es schlussendlich bei diesen 135 Millionen Euro bleibt, darf bezweifelt werden. Wie solche Projekte der öffentlichen Hand am langen Ende ausgehen können, zeigen u. a. der Flughafen Berlin oder Stuttgart 21.
Die Freien Demokraten bezweifeln auch stark, dass es – Stand heute – überhaupt sinnvoll ist, ein neues Rathaus in dieser Dimension für die nächsten 50 Jahre zu bauen, zumal ein solcher Neubau auch erst ca. 2030 bezogen werden könnte.
Seit der Corona-Zeit hat sich die Arbeitswelt stark verändert. In den hessischen Ministerien ist es heute schon Standard, dass sämtliche Mitarbeiter 60 % ihrer Arbeitszeit zu Hause leisten können. Eine Tendenz zur Reduzierung von Büroflächen geht einher. Hinzukommt die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI).
Die freie Wirtschaft, im Herzen des Rhein-Main-Gebiets, in Frankfurt, ist zurzeit ebenfalls höchst vorsichtig bei Büro-Immobilien. „Der Frankfurter Markt für Büroimmobilien ist nahezu zum Erliegen gekommen. Im ersten Halbjahr wurden hier lediglich drei Objekte verkauft. Das zeigen laut Bloomberg Daten, die der Makler Savills heute veröffentlicht hat. So wenige Verkäufe von Büroimmobilien in einem Halbjahr hat Savills seit Beginn der Erfassung im Jahr 2009 noch nie gezählt“, meldet das Portal Finanzmarktwelt am 8. Juli 2024.
Passend dazu präsentierte die Welt in dieser Woche eine McKinsey-Studie, die eine Reduzierung der Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in großem Umfang voraussagt.
Die smartere und vor allem flexiblere Alternative für die Verwaltung wäre eine Miet-Lösung. Für rund 1 Mio. Euro jährlich könnten alle Verwaltungsmitarbeiter in eine gut erreichbare und zeitgemäße Büro-Immobilie einziehen. Der Bürgermeister selbst hatte vergangene Woche vier Möglichkeiten im Stadtgebiet als Zwischenlösung für die Bauphase vorgestellt.
Eine solche Summe ließe sich für die Stadt Eschborn jährlich stemmen. Auf sich verändernde Bedingungen könnte flexibel reagiert werden. Gleichzeitig würde die Investitionssumme für das Rathaus eingespart und könnte stattdessen in wichtige Infrastrukturvorhaben investiert werden.
Eschborn, 16. Juli 2024