Das Stadtgarten-Projekt des Bürgermeisters: Droht der große Reinfall?

27.04.2022

„Idee des ‚Stadtgartens‘ nimmt Formen an“ – So lautete die Überschrift einer städtischen Pressemeldung, datiert auf den 1. Februar 2022. Die Verwaltung habe einen sehr stimmigen und erfolgsversprechenden Konzeptentwurf erarbeitet, freute sich der Bürgermeister. Die Erste Stadträtin werde „dieses tolle Projekt nun in ihrer Zuständigkeit als Gründezernentin mit viel Expertise und hoher Fachkompetenz weiterentwickeln“.

Basierend auf einer Initiative von Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung wurden im Herbst 2020 bei einem gemeinsamen Ortstermin auf dem Gelände der ehemaligen Baumschule Christensen im Fasanenweg in den Unterwiesen Überlegungen angestellt, wie das Gelände zukünftig genutzt werden könnte. Die Idee eines Stadtgartens nahm seinerzeit erstmals Formen an. Im Ergebnis sollten kleine Grabegärten und Hochbeete für Bürgerinnen und Bürger – vorzugsweise ohne eigenen Garten – entstehen. Über ein Jahr später wurde den Gremien dann im Januar 2022 ein Entwurf samt aufwändig produzierter Hochglanz-Flyer präsentiert.

Bereits im Bau- und Umweltausschuss am 19. Januar 2022 äußerten die Freien Demokraten, vertreten u.a. durch den Bauunternehmer und Sachverständigen Tobias Henrich, erste Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des Projekts. Angesprochen wurde u.a. die baurechtliche Situation auf dem Gelände.

Mit der Aufgabe der Baumschule erlosch seinerzeit auch die baurechtliche Nutzungsgenehmigung für diese Liegenschaft. Für die Nutzung von Gewächshäusern und Hochbeeten benötigt man im Außenbereich jedoch besonderes Baurecht. Gleiches gilt für die angedachte Einfriedung des Geländes sowie für eine Asphaltierung oder Pflasterung eines zentral gelegenen Platzes, um dort Veranstaltungen abhalten zu können. Die von der FDP-Fraktion mehrfach geäußerten Zweifel wurden jedoch von Verwaltung und Bürgermeister nonchalant beiseite gewischt.

Da auch im Nachgang der Gremiensitzungen in den Reihen der Freidemokraten erhebliche Zweifel bestehen blieben, machte die FDP-Fraktion von ihrem gesetzlich verankerten Auskunftsrecht Gebrauch und fragte im Wege einer sogenannten parlamentarischen Anfrage beim Bürgermeister nach, ob denn die bereits im Jahr 2020 angekündigte Bauvoranfrage zum damals angedachten Betriebskonzept eingereicht wurde und ob mit der Genehmigungsbehörde, dem Main-Taunus-Kreis, zumindest die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit des Stadtgartenprojekts geklärt sei. Beides beantwortete die Verwaltung lapidar mit „Nein“. Zu weitergehenden Erklärungen sieht sich der Bürgermeister in seiner Beantwortung nicht veranlasst, zu unangenehm und peinlich ist ihm offensichtlich die Angelegenheit.

Geradezu dilettantisch und unprofessionell mutet es an, dass nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Eschborner Mandatsträger mit kostspieligen Flyern, Konzepten und wohlklingenden Ankündigungen konfrontiert werden, obgleich nicht einmal einfachste und offensichtlichste Verwaltungsvorarbeiten erledigt wurden. Es zeigt sich an dieser Stelle einmal mehr: Ein möglicherweise guter Lehrer ist noch lange kein guter Bürgermeister. Pädagogik und Verwaltungsarbeit sind halt „zwei Paar Schuh´“. Auch die vom Bürgermeister mit „viel Expertise und hoher Fachkompetenz“ gelobte Erste Stadträtin hat es in nunmehr 3 Monaten nicht geschafft, ein ihr anvertrautes Projekt mit der Genehmigungsbehörde so abzustimmen, dass es Aussicht auf Realisierung hat.

Pikant: Hat der Bürgermeister etwa schon zum Zeitpunkt der Pressemeldung gewusst, dass die Umsetzung des Projekts nicht so einfach wird wie zunächst gedacht und wurde deshalb die Verantwortung vom Bürgermeister auf die Erste Stadträtin abgeladen, die gleichermaßen wenig bis gar keine Verwaltungserfahrung hat? Diese Frage sollten die beiden hauptamtlichen Laienkräfte untereinander klären.

Zu allem Übel wird die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der FDP den Bürgerinnen und Bürgern auch noch vorenthalten. Sie ist – aus Sicht der FDP rechtswidrig – mit einem Geheimhaltungsvermerk versehen. Auch in diesem Punkt beweisen Bürgermeister und Stadträtin einmal mehr, dass ihnen die angezogenen Schuhe viele Nummern zu groß sind.

Wilhelm Busch sagte einst so passend: „Wenn einer, der mit Mühe kaum gekrochen ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vogel wär, so irrt sich der.“

Hinsichtlich der andauernden Verstöße gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit zu Lasten interessierter Bürgerinnen und Bürger, werden sich die Freien Demokraten als zweitstärkste politische Kraft in Eschborn gemeinsam mit den Oppositionsfraktionen der SPD und der Linken abstimmen und rechtliche Schritte prüfen.

Eschborn, 26.04.2022