Die beharrliche Missachtung des Parlaments
Vor mehr als zwei Jahren, Ende Mai 2021, beantragte die FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung ein Konzept für die Übernahme von Baumpatenschaften zu erarbeiten. Mit den Stimmen von CDU, Grünen, FWE, SPD und Linken wurde dieser Antrag einstimmig beschlossen.
Nach teilweise sehr trockenen Jahren hatten sich die Freien Demokraten seinerzeit überlegt, wie die über 8.500 Bäume der Stadt geschützt bzw. deren Erhalt unterstützt werden könnte. Vor allem junge Bäume müssen regelmäßig künstlich bewässert werden, was aufgrund der Anzahl jedoch nicht immer flächendeckend möglich war und ist.
Nach dem Vorbild von Kommunen wie Frankfurt, Kronberg oder Groß-Umstadt, sollte daher das o. g. Konzept Bürgerinnen und Bürgern, Kitas und Schulen, Vereinen und Organisationen sowie Unternehmen ermöglichen, für einen oder mehrere Bäume im Stadtgebiet Patenschaften zu übernehmen und diese entsprechend zu pflegen. Kurzum: Bürgerschaftliches Engagement mit Naturschutz verknüpfen.
Der nächste Sommer ist da und daher fragte die FDP-Fraktion beim Bürgermeister nach dem Sachstand der Umsetzung. Die Antwort macht sprachlos: „Es ist der Verwaltung aktuell aus personellen Gründen nicht möglich, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln und anschließend neben den Bäumen auch zusätzlich noch Baumpaten zu betreuen.“
Dieser Vorgang ist beispielhaft dafür, wie ernst es der Bürgermeister mit der vielzitierten „Transparenz“ tatsächlich meint. Erst auf Nachfrage, zwei Jahre (!) nach Beschlussfassung mitzuteilen, dass angeblich das Personal fehlt, um im Grunde eine Kleinigkeit umzusetzen, ist ein Affront erster Klasse gegen die parlamentarische Demokratie.
Ein Blick auf die Mitarbeiterstärke der Eschborner Verwaltung zeigt zudem recht schnell, dass keine vergleichbare Kommune weit und breit über derart viele Kräfte verfügt. Schenkt man der Legende von zu wenig Personal tatsächlich Glauben, stellt sich dann jedoch schnell die Frage, weshalb es dem Bürgermeister seit über 3 Jahren im Amt nicht gelingt, für eine ausreichende Personalstärke zu sorgen bzw. warum verlassen gerade in jüngster Zeit erfahrene Kräfte aus verschiedenen Verwaltungsbereichen die Eschborner Stadtverwaltung?
Als es vor kurzem noch darum ging, dem Bürgermeister für tausende Euros eine Fete anlässlich seines Geburtstages auszurichten, war offensichtlich genügend Personal vorhanden.
Der „kleine“ Nachbar Schwalbach zeigt dagegen, wie man mit deutlich weniger Personal dieselbe Aufgabe zügig lösen kann. Im Schwalbacher Parlament wurde die Einführung von Baumpatenschaften im November 2020 beschlossen. Bereits im darauffolgenden Jahr wurden diese durch die Stadtverwaltung umgesetzt und angeboten.
Insgesamt entsteht der Eindruck, der sich am vergangenen Sommerempfang im Skulpturenpark auch nochmal bestätigt hat, dass der Bürgermeister meisterhaft die Selbstinszenierung beherrscht und diesem Anliegen Vieles unterordnet. Geld, Personal und Organisation. Der Bürger hat das Nachsehen, da er auf eine funktionsfähige Stadtverwaltung angewiesen ist.
Die einstimmig beschlossenen Baumpatenschaften würden bei entsprechender Umsetzung die Verwaltung letztlich entlasten, nämlich bei der Versorgung und Pflege der Bäume. Die Intention und Sinnhaftigkeit des Antrags, die alle Stadtverordneten leicht erkannt haben, scheint im hauptamtlichen Magistrat nicht durchzudringen. Scheinbar fehlt hier selbst den Grünen der Wille zu gelebtem Umweltschutz und sie tragen die aufgezeigte Missachtung des Parlaments mit.
Eschborn, 20.06.2023