Ein städtisches Naturschutzdebakel

06.05.2024

Vor einigen Wochen begannen die Bauarbeiten für einen Fußweg östlich entlang der Sankt-Florian-Straße ab der Straßeneinmündung „An den Krautgärten“. So weit so unspektakulär, würde man denken, wenn man unterstellt, dass bei einer solchen Baumaßnahme, mitten im Bereich von Flora und Fauna, ein Bauherr wie die Stadt Eschborn Formalien und Gesetze beachtet. Denn wenn die Pflanzen- und Tierwelt im Außenbereich betroffen sind, ist die sogenannte Untere Naturschutzbehörde in Hofheim hinzuziehen und mittels aussagekräftiger Gutachten die Vertretbarkeit der Baumaßnahme aus naturschutzrechtlicher Sicht zu belegen und um Genehmigung zu bitten. Es geht insbesondere darum, ob es gerechtfertigt ist, für diese Baumaßnahme einen arten- und strukturreichen Wassergraben zu zerstören.

Zur Überraschung des ehemaligen Gründezernenten und Ehrenstadtrats Heinz O. Christoph, der auch einer der Anlieger in der Straße ist und über viele Jahre privat für eine artenreiche Flora und Fauna in diesem Bereich gesorgt hat, erfuhr er von der Behörde in Hofheim, dass diese von der Stadt Eschborn zu der Baumaßnahme im Vorfeld nicht kontaktiert wurde. Dementsprechend gab es auch kein naturschutzrechtliches Gutachten, das den Zustand von Flora und Fauna vor der Baumaßnahme objektiv beschreiben könnte. Nachdem dieser Missstand nun bekannt war, wurde dann wohl während der laufenden Baumaßnahmen mit großer Eile eines beauftragt, welches die Angelegenheit retten sollte. Irritierend ist allerdings, dass das Gutachten nun wohl von inhaltlichen Fehlern nur so strotzt, so dass man sich fragen muss, was der Ersteller eigentlich beruflich macht, wenn er denn überhaupt für die Anfertigung vor Ort war. Dies macht es nachvollziehbar, dass dieses Gutachten für die Stadt wohl höchstes Geheimhaltungspotential hat.

Die FDP Eschborn stellt sich nun die Frage, ob die Rathausspitze tatsächlich die Erstellung eines objektiven Gutachtens in Auftrag gegebenen hat oder dem Gutachter das gewünschte Ergebnis in die Feder diktiert wurde, um die Unruhe über das eigenmächtige und rechtswidrige Handeln schnell zu beenden. Jeder private Bauherr hätte längst einen Baustopp auferlegt bekommen oder der Rückbau wäre sofort angeordnet worden.

Die nächste Frage, die sich stellt, ist: Warum geht der anzulegende Fußweg nicht nur bis zum Stephanshofweg (erster Feldweg links nach den Kleingärten)? Warum führt er weiter ins Feld in eine Sackgasse und wird dafür auch noch mit einer Straßenbeleuchtung versehen? Vor nicht allzu langer Zeit gab es einen einstimmigen Beschluss des Stadtparlaments, dass die Stadt Eschborn Lichtverschmutzung vermeiden will.

Warum hat man den Weg nicht gleich auf die gegenüberliegende Seite der Straße gelegt und so verhindert, dass ein wasserführender Graben zerstört wird? “Der wasserführende Graben ist ein ökologisches Kleinod an dieser Stelle“, so der ehemalige Gründezernent.

Alles in allem entsteht bei der FDP Eschborn der Eindruck, dass hier in politischer Selbstherrlichkeit und vielleicht zum Nutzen einiger weniger Koalitionsanhänger ein Projekt gestartet wurde, bei dem Vorschriften und insbesondere der Naturschutz keine Rolle spielen sollten, da diese ggf. störten.

Die FDP-Fraktion hat daher eine erste Parlamentarische Anfrage an die Stadt gestellt, um die Vorgänge aufzuklären. Interessierte Bürger können die Anfrage wie auch den offenen Brief von Heinz Christoph an die amtierende Gründezernentin von den Grünen auf unserer Homepage finden. Möglicherweise hatte aber auch die Gründezernentin in der Sache nichts zu sagen oder durfte den Plänen des Bürgermeisters nicht widersprechen.

Eschborn, 3. Mai 2024