Greensill-Skandal erreicht Eschborn: 35 Mio. Verlust drohen
Der zuständige Kämmerer und Bürgermeister Adnan Shaikh hat die Fraktionsspitzen und den Magistrat am vergangenen Dienstag informiert, dass auch Eschborn von der Schließung der Greensill-Bank erheblich betroffen ist: Die Stadtverwaltung hatte insgesamt ca. 35 Mio. Euro bei der Bank angelegt. Das Geld, rund 10% des Eschborner Sparvermögens, ist nun aller Wahrscheinlichkeit nach verloren. Der Bürgermeister beteuerte, lückenlos aufklären zu wollen. Weshalb es jedoch fast eine Woche nach öffentlicher Anordnung des Auszahlungsverbotes durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dauerte, bis die Gremien über den drohenden Verlust von 35 Mio. Euro informiert wurden, bleibt unklar. Eine Vermutung ist, dass die bevorstehende Kommunalwahl wohl eine Rolle gespielt hat.
Über den hohen Anlagebetrag bei einer kleinen Bremer Bank mit einem exotischen Geschäftsmodell sind Eschborns Freie Demokraten sehr verwundert. Dieser hohe Anlagebetrag bei einer einzelnen Kleinbank, die bereits im Verlauf des vergangenen Jahres öffentlich kritisch diskutiert wurde, wirft Fragen auf. Insbesondere, ob die geltende Kapitalanlagerichtlinie, die Klumpenrisiken vermeiden sollte, eingehalten wurde. Ob die Kapitalanlagerichtlinie tatsächlich eingehalten wurde oder nicht, kann nur durch weitere Sachverhaltsaufklärung beurteilt werden. Es muss geprüft werden, ob eine systematische Überschreitung der Anlagenhöchstbeträge pro Einlage und Kreditinstitut vorliegt, was sich nach den jetzt bekannten Informationen zumindest andeutet. Weiterhin stellt sich die Frage, ob überhaupt belastbare Ratings gemäß der geltenden Kapitalanlagerichtlinie vorlagen und ob diese ausreichend waren? Gab es tatsächlich keine Warnungen im Markt, die ein sorgfältiger und verantwortungs-bewusster Kassenverwalter bei einer solch hohen Geldanlage bei dieser Bank hätte wahrnehmen können oder sogar müssen? Letztlich stellt sich die Frage, ob Kompetenzen verletzt oder Aufsichtspflichten nicht wahrgenommen wurden. Die Verantwortung für den Verlust des Geldes wird zu klären sein.
Um den Sachverhalt lückenlos aufzuklären, hat die FDP-Stadträtin Dr. Annette Christoph, am gestrigen Mittwoch eine umfassende Frageliste zu den Kapitalanlagen bei der Greensill Bank AG seit Geltung der Kapitalanlagerichtlinie an Bürgermeister Adnan Shaikh (CDU) übermittelt, mit der Bitte um Beantwortung, bis zur nächsten Sitzung des Magistrats.
Insbesondere wurde die Frage gestellt, warum überhaupt Geld bei einer Bank angelegt wurde, die zumindest nach den für uns zugänglichen Quellen nicht über die notwendigen Ratings durch anerkannte und in der Richtlinie festgelegte Rating-Agenturen verfügt. Ferner steht im Mittelpunkt der Frageliste, warum die in der Kapitalanlagerichtlinie vorgesehenen Regelungen zur Vermeidung von Klumpenrisiken bei der Kapitalanlage nicht beachtet bzw. ausgehebelt wurden.
Die Pressemitteilung der Verwaltung der Stadt Eschborn vom Dienstagabend, in der ein verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeld behauptet und die Anlage bei der Greensill Bank AG quasi verteidigt wird, überzeugt an der Stelle nicht und lässt viele Fragen offen.
Eschborn, 11.03.2021