Greensill-Urteil: Bewusste Fehlinterpretation durch den Bürgermeister

09.04.2025

Die Berichterstattung des Bürgermeisters zum Urteil im Prozess gegen Rödl & Partner im Stadtspiegel vom 3. April 2025 unter der Rubrik „Mitteilungen aus dem Rathaus“ hat mittlerweile die Kategorie Fake News erreicht. Die eindeutigen Ausführungen des Gerichts in seiner Urteilsbegründung zum Mitverschulden der Stadt Eschborn am Verlust von 35 Millionen Euro Steuergeld werden bewusst verdreht.

Das Landgericht Frankfurt hat in seinem Urteil ausdrücklich ausgeführt, dass die Stadt Eschborn am Verlust der 35 Mio. Geldanlage ein Mitverschulden trifft. Diese Frage war zwar für die Klageabweisung letztlich nicht entscheidungserheblich. Denn das Gericht hatte bereits mangels Vorliegens einer Pflichtverletzung keine Haftung von Rödl & Partner gegenüber der Stadt Eschborn angenommen. Gleichwohl hat das Gericht in den Urteilsgründen ergänzend Aussagen zum Mitverschulden der Stadt gemacht, um damit ausdrücklich aufzuzeigen, dass auch bei Annahme einer Pflichtverletzung von Rödl & Partner keineswegs ein Anspruch auf Ersatz des gesamten geltend gemachten Schadens bestehen würde.

Aus diesen Ausführungen ziehen der Bürgermeister oder die von ihm beauftragten Anwälte den erstaunlichen Schluss, dass die Entscheidung der Stadt Eschborn, 35 Mio. Euro bei der Greensill-Bank anzulegen, nicht zwangsläufig falsch oder pflichtwidrig gewesen wäre und ein rechtliches Verschulden vom Gericht ausdrücklich nicht festgestellt worden wäre. Es wird wieder behauptet, die Verwaltung habe jederzeit innerhalb des von der Anlagerichtlinie gesetzten Rahmens gehandelt und dabei sowohl Sicherheit als auch Ertragsziele beachtet.

Es drängt sich daher die Frage auf, ob die Verantwortlichen im Rathaus den eindeutigen Inhalt des Urteils nicht zur Kenntnis genommen haben oder über die Aussagen des Gerichts bewusst falsch informieren. Denn das Gericht hat – als erste unabhängige Institution – dazu wörtlich ausgeführt:

„Vor diesem Hintergrund hätte es der Klägerin oblegen, zum einen die Sicherheitsaspekte und -mechanismen der Anlagerichtlinie zu beachten und nicht durch Anhebung von Sicherheitsgrenzen und Anlage großer Geldmengen bei einem Institut entgegen der Anlagerichtlinie das Risiko zu steigern. Zum anderen hätte die Klägerin mit Blick auf den Erlass des hessischen Innenministeriums auch die Anlagerichtlinie selbst in der Einzelfallanwendung durchaus kritisch prüfen können und nicht ihrerseits dem Anlageziel ‚Vermeidung von Negativzinsen‘ alle anderen Gesichtspunkte unterordnen dürfen.“

Lieber Herr Bürgermeister Adnan Shaikh: Was genau ist an diesen Sätzen unklar? Sie und Ihr Kassenverwalter hätten bei den Greensill-Geldanlagen die Sicherheitsaspekte und -mechanismen der Anlagerichtlinie beachten müssen und nicht durch Anhebung der 15 Mio. Euro-Grenze weitere 21 Mio. Euro bei der Greensill-Bank risikoerhöhend platzieren dürfen, auch wenn es bei anderen – sichereren – Banken weniger, keine oder sogar Negativzinsen gegeben hat.

Die richtige Antwort auf das Urteil des Landgerichts wäre gewesen, die offensichtlichen Versäumnisse bei den Greensill-Geldanlagen endlich einzugestehen und die politische Verantwortung zu übernehmen, anstatt weiterhin mit hanebüchener Begründung, feige und dreist jedwede Verantwortung von sich zu weisen.

Eschborn, 8. April 2025