Grüne Jubelarien

11.06.2025

In der Stadtverordnetenversammlung vor drei Wochen wurde u. a. beschlossen, das Wiesenbad in naher (oder ferner…?) Zukunft mit der Abwärme von Rechenzentren zu versorgen. Grundsätzlich eine gute Idee, sofern sie denn auch verwaltungsrechtlich und technisch adäquat umgesetzt wird. In diesem Fall bestehen – wieder einmal – erhebliche Zweifel.

Nichtsdestotrotz veranlasste allein der politische Beschluss die Eschborner Grünen zu einer wahren Jubelarie. Von „klimaneutraler Wärmeversorgung“ für das Wiesenbad war vergangene Woche in der Presse zu lesen und von einer Ersten Stadträtin, die das „Vorhaben mit klarem Fokus auf Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit professionell vorbereitet und zum richtigen Zeitpunkt auf den Weg gebracht.“ Dieselbe Stadträtin also, die erst kürzlich gemeinsam mit dem Bürgermeister den ebenfalls im Vorfeld hochgelobten „Stadtgarten“ in den Sand gesetzt hatte.

Zum Thema „klimaneutrale Energieversorgung“ stellen Eschborns Freie Demokraten zunächst einmal fest, dass faktisch eine solche nur dann gegeben ist, wenn die Herkunft des Stroms aus den sogenannten „Erneuerbaren Energien“ gewonnen würde, auch wenn gesetzliche Vorgaben dies anders darstellen. Ein Rechenzentrum benötigt nicht nur sehr viel Strom, sondern diesen auch konstant. Energie aus Wind und Sonne können diese Konstanz aus naturwissenschaftlichen Gründen nicht bieten („windstille Nacht“). Allerdings hilft dann bspw. Atomstrom, der u. a. aus Frankreich vermehrt und teuer importiert wird, seitdem die deutschen Kraftwerke abgeschaltet wurden. Währenddessen muss Deutschland teilweise überschüssige Energie aus Wind und Sonne mit negativen Preisen (!) ins Ausland abgeben, um die Netze zu entlasten. Ein marktwirtschaftlicher Schildbürgerstreich, den die Bürgerinnen und Bürger bereits in der Vergangenheit teuer bezahlt haben und in Zukunft teuer weiterbezahlen werden.

Die den Stadtverordneten vorgelegten Vergabeunterlagen legen zudem die Vermutung nahe, dass sie von der Firma nLighten, dem favorisierten Energielieferanten, mit dem bereits in 2023 ein Vorvertrag zur Energielieferung geschlossen wurde, selbst geschrieben wurden. Diese Firma hätte dadurch einen klaren Vorteil im Ausschreibungsverfahren, da ihr alle Details bereits bekannt wären, die sich ein anderer Anbieter erst noch erarbeiten müsste.

Sanktionen der Stadt Eschborn oder Maßnahmen bei Nichterfüllung der Verträge oder eine Definition, ab wann der Vertrag erfüllt bzw. nicht erfüllt ist, sind gar nicht erst vorhanden. Geplant ist zudem, dass die Stadt einen Baukostenzuschuss von 1,2 Mio. Euro leistet, dem jedoch keine Sicherheiten gegenüberstehen. „Sinnvollerweise müsste in dem Vertrag stehen, dass es den Zuschuss nur nach Erstellung und Inbetriebnahme der Anlage gibt oder dass ein von einer Bank gedeckter Bürgschein vorgelegt werden muss. Der Vertrag sagt aber nichts dazu,“ kritisiert der Stadtverordnete Tobias Henrich.

Wärmenetz und Wärmelieferung sollten nach Ansicht von Henrich getrennt werden. Die Erste Stadträtin behauptet, dass dies nicht möglich sei. Nachvollziehbare Gründe konnte sie auf Nachfrage jedoch nicht benennen. Schon im Ausschreibungsverfahren wird es dadurch Unschärfen, Unklarheiten und womöglich sogar Vergabefehler geben. Im Betrieb wird der Wärmelieferant faktisch zum Monopolisten, da es für einen weiteren Wärmeanbieter unmöglich oder unbezahlbar gemacht werden kann, weitere Wärme einzuspeisen.

Zu hoffen bleibt, dass bei der Ausschreibung benannt wird, wann welche Leistung zu liefern ist. In der Beschlussvorlage wurde nur der Jahresbedarf benannt. Wenn die gesamte Energie also nur im Sommer geliefert werden kann, wäre das laut Vertragsunterlagen wohl ausreichend, leider aber nicht zielführend für die konstante Belieferung mit Wärme im Wiesenbad.

Durch ein auf einen Anbieter zugeschnittenes Ausschreibungsverfahren wird ein freier Wettbewerb unterbunden und obendrein noch ein Baukostenzuschuss von 1,2 Mio. Euro ohne Sicherheit gewährt. Dies birgt vielfältige Risiken. Es droht u. a. Stillstand durch Klagen gegen das Vergabeverfahren, die evtl. sogar die Inbetriebnahme des Schwimmbades gefährden könnten, da die erteilte Baugenehmigung für das neue Hallenbad mindestens 65% erneuerbare Energie für den Betrieb vorschreibt.

Grundsätzlich begrüßen die Freien Demokraten die Idee zur Wärmeversorgung über Abwärme aus Rechenzentren. Bei guter Vertragsgestaltung lässt sich die Abwärme dadurch sinnvoll nutzen. Problematisch wird es, wenn der Startschuss zu einem solchen Projekt bereits mit einer mangelhaften Vertragsgestaltung beginnt. Fortsetzung folgt.

Eschborn, 10. Juni 2025