Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Christoph Ackermann

27.11.2023

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

der heute zu beschließende Haushalt 2024 wurde im September vom Bürgermeister unter dem Titel „Ein Fundament, auf dem Eschborn bauen kann“ eingebracht und in den folgenden Sitzungen des HFA gelesen und beraten. Die Verwaltung stand für Auskünfte und Erläuterungen teilweise zur Verfügung. Fragen zum ebenfalls zu beschließenden Wirtschaftsplan der stadteigenen Gesellschaft GWE blieben allerdings offen. Trotzdem herzlichen Dank, insbesondere an Frau Czeka.

Der Titel ist so poetisch wie gering tiefsinnig, denn genauso hätte man auch den Titel „Ein Becher, aus dem man trinken kann“ oder „Ein Bett, in dem man schlafen kann“ wählen können. So oberflächlich und banal geht es zu, wenn der Kämmerer der Stadt Eschborn die Planungen und Ideen in Form der Zahlen und Finanzen vorstellt.

Dieser Tage spricht er von Rücklagen im Umfang von 600 Millionen. Diese geistern nun durch die Gazetten und wecken Begehrlichkeiten und ggf. sogar Neid.Das ist nicht nur besorgniserregend. Es stellt sich auch die Frage, wer soll damit beeindruckt oder möglicherweise hinter die Fichte geführt werden. Der Bürger, die Nachbarkommunen oder der Kreis?

Denn Fakt ist, diese Zahl ist eine rein rechnerische Zahl und hat nichts mit dem zu tun, was der Bürger gemeinhin unter „Rücklagen“ versteht: nämlich das, was die Stadt an liquiden Zahlungsmitteln tatsächlich ausgeben kann. Dieser Betrag ist eine Summe der bilanziellen Ergebnisse der Vergangenheit und keine Cash-Reserve.

Das, was an Zahlungsmitteln zur Verfügung steht, steht nämlich nicht als Saldo auf der Passivseite, sondern als Bankguthaben bei den Aktiva und wollte man dann an die Differenz zu den 600 Millionen ran, müsste der Kämmerer schon mal überlegen welche Wertgegenstände er verkaufen will. Ein Gebäude, ein leeres Grundstück oder ein Feuerwehrauto oder eine Straße?

Der heute zu beschließende Haushaltsentwurf 2024 plant mit einem Endbestand an Zahlungsmitteln am Ende des kommenden Jahres von 168 Millionen Euro! Hinzu kommen die Gelder im Master-Spezialfonds. Das ist sicherlich massiv, aber alles andere als 600 Millionen.

Dieser Fakt taucht aber in keiner Rede oder Meldung des Bürgermeisters auf. Die liquiden Mittel nehmen nach den Planungen ab, von Jahr zu Jahr und bei bald jährlichen 40 Millionen Personalaufwendungen, ist das verfügbare Geld eben sehr überschaubar. Was soll dann diese Darstellung? Fragt sich zumindest meine Fraktion. Bubenstück oder Unkenntnis über die Bedeutung einzelner Bilanzpositionen. Wir wissen es leider nicht und wir wissen auch nicht, was wir davon schlimmer finden sollen: Ein Kämmerer, der seine eigene Bilanz nicht versteht oder den Bürgern ein X für ein U vormachen will.

Um bei dem „Fundament“ zu bleiben, auf das der Bürgermeister bauen will: Die im Bild des Fundaments vorhandene Aussagekraft ist dann gegeben, wenn ich den Grund darunter kenne auf dem das Fundament steht. Fels oder Sand?

Was genau steckt im Haushalt drin, was den Halt oder besser den Erhalt des Fundamentes sichert?

Verkehrsinfrastruktur, die das Personal unserer angesiedelten Unternehmen sicher und schnell an ihre Arbeitsplätze und wieder nach Hause bringt. Fehlanzeige! Selbst Kreisverkehre wie der an der Niederurseler Allee sind seit Jahren versprochen und nichts dreht sich außer die Uhr im Zeitablauf.

Ansiedlung/Förderungen von Start-Ups wie im Frühjahr 2022 von der Stadtverordnetenversammlung gemeinsam beschlossen? Fehlanzeige! Stattdessen behindert man noch die aufgrund der Energiewende lebensnotwendige Infrastruktur für die Stromversorgung.

Echter Fortschritt bei den Bahnhöfen Eschborn Mitte und Niederhöchstadt? Fehlanzeige! Die sogenannte Chefsache hat es heute nach fast vier Jahren möglich gemacht eine Vorzugsvariante für Eschborn-Mitte zu beschließen. Voraussichtlicher Baubeginn Mitte 2027 – Fertigstellung Ende 2028. Wer das Projekt Bau eines Radwegs nach Steinbach oder jüngst die Nachrichten zum Schwimmbad verfolgt hat, befürchtet schon jetzt – je nach Lebensalter – dass er die neuen Bahnsteige niemals betreten wird.

Kosteneinsparungen im Bereich Personalaufwendungen oder Sach- und Dienstleistungen? Fehlanzeige! Und trotz der hohen Kosten kein Fortschritt bei der Hofreite, Bahnhof Niederhöchstadt, dem Stadtgarten, beim eigenen Wahlversprechen Sossenheimer Str. oder anderen Projekten. Still ruht der See. Die Vöglein schlafen. Ein Flüstern nur, du hörst es kaum.

Die gesteckten Investitionsziele erreichen? Fehlanzeige! In den vergangenen 3 Haushaltsjahren haben Bürgermeister und Koalitionäre die selbstgesteckten Investitionsziele klar und deutlich verfehlt. Im Übrigen ein Grund, warum dann am Ende doch noch mehr liquide Mittel in den Jahresabschlüssen da sind als geplant.

Neue Anforderungen drängen sich aus der Bürgerschaft auf, wie die Frage nach der Leistungsfähigkeit der Kanalisation in Niederhöchstadt. Hier wähnt man sich aber in überzeugter Sicherheit, dass es keine Anpassungsnotwendigkeiten gibt. Wir empfehlen Ihnen, Herr Bürgermeister, Sie sollten nochmal die Wahlauswertungen anschauen, welchem Ortsteil Sie Ihre Wahl ins Amt eigentlich verdanken.

Die Stadt Eschborn sicherer machen und die Kriminalitätsstatistik verbessen? Ebenfalls Fehlanzeige! Im gesamten Ortsgebiet kam es wiederholt zu Überfällen auf Senioren. Eine Stadtpolizei, die rund um die Uhr für mehr Sicherheit sorgt, bleibt ein vergilbtes Versprechen der Wahlkampfbroschüre. Wir nehmen einen Spitzenplatz in der Kriminalitätsstatistik ein und mancher Bürger fragt uns, ob es denn die Stadtpolizei noch gäbe, man sähe diese so selten.

In sämtlichen wichtigen Bereichen dieser Stadt bleiben Sie hinter dem was Sie versprochen haben und was die Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner dringend brauchen. Ausnahmen sind die Taxigutscheine für Rentner, die auch in der Haushaltsrede als erster wichtiger Punkt genannt wurden. Ihre grüne Kollegin legt noch die Lastenradförderung und anderen öko-ideologischen Kram dazu und damit sind wir dann endgültig im konsumtiven Verprassen der noch vorhandenen Gelder angekommen.

Risiken auf der Einnahmeseite sind erwartbar: Der Internationale Währungsfonds geht von einer weltweit anhaltend schwächelnden Konjunktur aus. Laut Prognose schrumpft Deutschland jedoch als einzige bedeutende Volkswirtschaft – und zwar stärker als bislang erwartet. Und was machen wir in Eschborn? Wir tun so, als beträfe es uns nicht. Es wird weiter aus dem Vollen geschöpft, sowohl bei den konsumtiven wie investiven Ausgaben

Wer auf wirtschaftspolitische Impulse hofft, die uns auch noch die Gewerbesteuereinnahmen in 10 Jahren sichern, hofft vergebens. Nur kurzfristiges Denken, keine Weitsicht und keine Strategie, dafür viel Klimbim und Trara. Bewegte Bilder und bunte Fotos ohne einen Mehrwert für die Bevölkerung und die angesiedelten Unternehmen. Eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung für Eschborn.

Unsere vorgeschlagene Entlastung bei der Grundsteuer, die allen helfen würde, lehnen sie ab. Und dies, obwohl alle Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen mit der Teuerung insbesondere bei den Energiekosten zu kämpfen haben. Für mindestens ein Jahr, hätte man diesen Weg beschreiten können, Entlastung statt Subventionierung gelebt und dabei auch noch Verwaltungsaufwand gespart.

Denn auch in der Verwaltung herrscht Unruhe. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stimmen mit den Füssen ab, denn es werden Stellen teilweise abgewertet. Welches Ziel damit erreicht werden soll, bleibt verborgen und solche Aktionen werden sicher eher als Bremse und Blockade für Fortschritt und Erfolg wirken. In Teilen ergeben sich schon jetzt Stillstand und handwerkliche Fehler.

Das Rathaus-Stadthalle Projekt kommt mühsam voran. Allerdings mittels einer Kostenexplosion und ohne erkennbaren Willen, sorgsam und vorsichtig mit Steuergeld umzugehen. Nun wenn man sich irrtümlich im Besitz von 600 Millionen ausgabefähigen Euros vermutet, kann man das verstehen, falsch bleibt es trotzdem.

Die Freien Demokraten lehnen deshalb diesen Haushalt 2024 ab und hoffen, dass die gesamtwirtschaftliche Lage des Landes, uns allen nicht doch noch in den kommenden Jahren eine unschöne Überraschung in die Kasse bringt. Insbesondere die finanzielle Lage des Kreises und den Herausforderungen, die dort auf alle Kommunen warten, wird uns spätestens in einem Jahr unangenehme Fragen nach Verantwortung und Lösungen stellen lassen.

Dann wird sich möglicherweise auch in Eschborn zeigen, ob das Fundament auf Felsen oder auf Treibsand steht. Drücken wir zumindest gemeinsam die Daumen für einen guten Ausgang.

Eschborn, 23.11.2023