Neues vom Funkturm – Verzeihung, leider doch nicht! Oder: Außer Spesen nichts gewesen!

10.05.2023

Rund 17 Jahre ist es mittlerweile her. Im Jahr 2006 stand er urplötzlich da: Der Niederhöchstädter Funkturm. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion war der 30 Meter hohe Funkturm unmittelbar hinter der Westerbach Sportanlage errichtet worden. Beschlüsse in den zuständigen politischen Gremien, dem Magistrat oder der Stadtverordnetenversammlung, gab es keine. Der damalige CDU-Bürgermeister hatte sich selbst ermächtigt, einen Pachtvertrag mit dem Betreiber O2 abzuschließen.

Aus der Bevölkerung regte sich schnell Widerstand. Vor allem beteiligt daran waren – wenig verwunderlich – Anwohner aus der Nähe bzw. in Sichtweite des Funkturms. Die Organisation des Widerstands erfolgte in dem sogenannten „Infoteam Niederhöchstadt Eschborn“, kurz ITNE. Ziel der Gruppe: Der Funkturm muss weg!

Aus der Mitte der ITNE heraus gründeten sich dann einige Zeit später die Freien Wähler Eschborn-Niederhöchstadt (FWE), die allerdings nichts mit den bürgerlichen Freien Wählern von Hubert Aiwanger gemein haben. Die FWE trat erstmals 2011 zur Kommunalwahl an. In den Kommunalwahlkämpfen 2011, 2016 und 2021 war eines der Top-Themen der FWE: Der Funkturm.

Viele Anstrengungen wurden von den Verantwortlichen unternommen, um gegen den Funkturm zu kämpfen. Petition beim Hessischen Landtag und sogar eine Klage vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht. Ergänzt wurde das Ganze noch mit einem von den Linken initiierten Akteneinsichtsausschuss. Nur der versprochene oder gewünschte Erfolg stellte sich nicht ein. Der Funkturm hielt seinen Widersachern stand.

Im Februar 2021, kurz vor der Kommunalwahl, erinnerte sich die FWE dann urplötzlich wieder an ihr Lieblingsthema und brachte eine entsprechende Beschlussvorlage in die Gremien ein. Im Ergebnis stimmte die Stadtverordnetenversammlung einstimmig u. a. dafür, den Pachtvertrag mit O2 fristwahrend zu kündigen, wenn alternative Optionen der Stadtverordneten­versammlung vorgestellt wurden.

Hierzu kam es jedoch nie. Stattdessen legte der Bürgermeister den Stadtverordneten im Januar 2022 eine Beschlussvorlage vor, die die Kündigung des Pachtvertrages mit O2 vorsah, damit „die Beendigung des Vertrages am 30.09.2023 erfolgen kann“. Im Protokoll lässt sich nachlesen, dass die FWE diese Vorlage ausdrücklich begrüße, da sie das Thema Strahlenbelastung durch Mobilfunk schon seit Jahren verfolge. Bis auf die Fraktion der Freien Demokraten sahen das auch alle anderen Fraktionen so und daher wurde – ohne Kenntnis von technisch guten Alternativen – der Vertrag gekündigt.

In der Zwischenzeit fand ein vertraulicher und nichtöffentlicher „Runder Tisch“ zum Funkturm bzw. Mobilfunk statt, der allerdings keine neuen Erkenntnisse hervorbrachte, außer dass der bisherige Standort aus technischer Sicht nach wie vor der beste ist. Ansonsten herrschte bis vergangene Woche „Funkstille“ in der Sache.

Nunmehr schlägt der Bürgermeister, der von CDU, Grünen und eben jener FWE getragen wird, in einer Vorlage den Stadtverordneten vor, den Pachtvertrag für den Funkturm an der bisherigen Stelle erneut abzuschließen und damit im Ergebnis eigentlich nur zu verlängern. Darüber wird die Stadtverordnetenversammlung nun am Donnerstag, dem 11.05.2023, beschließen.

Die Freien Demokraten waren über diesen Vorgang zunächst irritiert, aber auch gespannt auf die Reaktionen der Parteien in den Ausschüssen, insbesondere auf die Äußerungen und das Abstimmungsverhalten der FWE, die insgesamt nun seit über 17 Jahren gegen den Funkturm angekämpft hat. Das Ergebnis in den Ausschüssen ist jedoch ernüchternd bis eindeutig.

Da stellt sich die Frage, ob die FWE hofft, dass ihre Wählerinnen und Wähler den Vorgang übersehen oder aber die vergangenen 17 Jahre komplett vergessen. Jedenfalls ist bisher öffentlich von Seiten der FWE, zu deren veränderter Sicht auf den Funkturm, nichts zu hören oder zu lesen.

Die Freien Demokraten hätten sich bei diesem sensiblen Thema eine starke Einbindung der Bürgerschaft und die vielfach zitierte ‚Transparenz‘ gewünscht. Da es aus technischer Sicht wohl keine bessere Lösung für den Funkturm ebenda gibt, ist der Erhalt des Status Quo für die FDP wenig überraschend. Nur die Details dazu schulden die Koalitionsparteien und der Bürgermeister den Niederhöchstädtern, die seit vielen Jahren auf Veränderung gehofft haben.

Eschborn, 09.05.2023