Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Christoph Ackermann am 18.11.2021

21.11.2021

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,

vielleicht kennen Sie den Film „Wolf Of Wall Street“ mit Leonardo DiCaprio. In diesem fällt der schöne Satz:
„Ohne Handeln sind die besten Absichten in der Welt nichts weiter als das: Absichten!“

Wenn wir also heute über den Haushalt sprechen und er später mit der Mehrheit der Koalition verabschiedet wird, sind viele Punkte in diesem Haushalt erst einmal nur Ausdruck von politischen Absichten.

Dies zeigt sich an folgendem Beispiel sehr deutlich: Mehrmals jährlich werden wir als Stadtverordnete über den Stand des Haushaltsvollzugs unterrichtet. Zuletzt durch die Mitteilungsvorlage vom 26.10.2021. Nun diese bestätigt, was zuvor offensichtlich war: Dem Bürgermeister wird es nicht ansatzweise gelingen, die im Jahr 2021 von ihm selbst geplanten Investitionen umzusetzen.

76,6 Millionen Euro standen zur Verfügung und abgerufen zum Stichtag 30.09. waren ganze 17,5 Millionen. Das sind gerundet gerade mal 23%. Selbstkritisch heißt es dazu wörtlich in der Mitteilung: „Zu den Investitionen ist festzustellen, dass die Auszahlungen deutlich hinter dem Ansatz zurückbleiben.“

Hier ist uns als Opposition die Frage erlaubt, insbesondere im Hinblick auf die umfangreichen neuen Ansätze, weshalb es dem Bürgermeister, nach nun fast 2 Jahren im Amt, noch immer nicht gelingt, seine mehreren hundert Mitarbeiter zielgerichtet einzusetzen und die notwendigen Investitionen zu tätigen? Wir als FDP warten weiter auf die Realisierung von „Eschborn kann mehr“.

Modernisierung der Bahnhöfe Eschborn Mitte und Niederhöchstadt, Neubau der Musikschule, zusätzliche Schwimmhalle, Lärmschutz an der L3005, Süd-Ost-Verbindung, Verbreiterung der Sossenheimer Straße – viele Projekte liegen brach, trotz großer Versprechungen. Wie Dinge flott und effizient erledigt werden können, zeigt der Bau des Globusmarktes.

Gerade die Verkehrsinfrastruktur, die Achillesferse unserer Stadt, hat mehr Aufmerksamkeit und Anstrengungen verdient, als es derzeit der Fall ist. In Punkto Bahnhöfe kommt noch erschwerend hinzu, dass der Bürgermeister ein dreiviertel Jahr maßgebliche Informationen zurückhielt – und diese erst auf Nachfrage unserer Fraktion mitgeteilt wurden. Die Bürger wurden bis dato noch immer nicht darüber informiert, dass die Modernisierung der Bahnhöfe auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Inzwischen haben wir auch Kenntnis darüber, dass die Ergebnisse zum Prüfauftrag des autonomen E-Busses ebenfalls schon monatelang vorliegen – nur eben nicht mitgeteilt werden.

Nun also werden neue Millionen-Projekte in den Haushalt 2022 gepackt, wie der geplante Ankauf von Gewerbegrundstücken und -immobilien, um dort u.a. temporär die Verwaltung unterzubringen. Neben der 35 Mio. Euro-Pleite durch die fehlerhaften Geldanlagen bei der Greensill Bank, droht mit diesem Punkt im Haushalt nun die Realisierung eines risikobehafteten Millionenbunkers für den Steuerzahler.

Sicherlich sind die Freien Demokraten keine Gegner der Anschaffung von Immobilienwerten, aber hier ist die Gemengelage schon eine sehr besondere. Erst wird Geld in die Hand genommen, um die Verwaltung dort unterzubringen, obwohl es im Gewerbegebiet Süd zahlreiche adäquate Standorte – sofort bezugsfertig – gäbe. Dann wird das dortige Vermögen teils wieder vernichtet, also die Gebäude abgerissen, um Wohnungen zu errichten. Sollte dieses Projekt, gemeinsam mit 195 realisiert werden, müsste die Hauptstraße massiv ausgebaut werden.

In der gegenwärtigen Phase eines Allzeithoch bei den Immobilienpreisen und den bestehenden Unklarheiten was die zukünftige Nutzung dieses Areals bzw. die Verkehrsproblematik betrifft, stellt sich für die Freien Demokraten die Frage, warum hat die Verwaltung Yaskawa nicht das Grundstück 195, das der Stadt seit längerer Zeit ebenfalls Nutzungsprobleme macht, angeboten und auf diese Weise einen der größten Hersteller von Industrierobotern als Steuerzahler der Gemeinde erhalten? Der nun beabsichtigte Erwerb ist daher nach unserer Überzeugung ein Investitionswagnis, das die Freien Demokraten ablehnen. Es ist außerdem alles andere als alternativlos.

Insgesamt entspringen viele Haushaltsansätze unseres Erachtens einem trügerischen Sicherheitsgefühl der Verantwortlichen. Da nicht nur bei den Investitionen Maß und Mitte abhandengekommen sind. Auch bei den konsumtiven Ausgaben geht der Haushalt in die Vollen. Paradebeispiel sind die Personalkosten, die im Eschborner Haushalt prägend sind.

Hier gibt es seit Amtsantritt des Bürgermeisters nur eine Richtung, und nicht etwa nur durch die Steigerung von Löhnen und Gehältern, sondern durch die steigende Anzahl von Stellen. Der Haushalt 2022 sprengt nun mit 35 Millionen alles, was Eschborn und auch andere Kommunen von vergleichbarer Größe jemals gesehen haben.

Wir haben eine auf über 500 Mitarbeiter aufgeblähte Verwaltung für eine Gemeinde mit rund 20.000 Einwohnern. Zum Vergleich, damit uns allen einmal deutlich wird, was wir in Eschborn betreiben: Flörsheim hat vergleichbare rund 21.000 Einwohner und hatte für das Jahr 2021 Personalaufwendungen von ca. 14 Millionen in den Haushalt eingestellt. Der dortige Stellenplan sieht 255,3 Stellen vor, und zwar inklusive der 117 Stellen für das Erziehungswesen. Eschborn hat inklusive seiner Beamten einen Stellenplan von rund 540 Stellen. 212 Stellen davon für den Sozial- und Erziehungsdienst.

Das wäre in Anbetracht des eingangs beschriebenen Investitionsstaus sogar noch zu relativieren, wenn man davon ausgehen könnte, dass die Verwaltung weitgehend alle Aufgaben ohne den Bezug von Fremdleistungen erledigen würde. Aber auch in diesem Punkt öffnen sich im neuen Haushalt Abgründe: Eschborn plant nun mit knapp 30 Millionen Euro für Sach- und Dienstleistungen. Zum Vergleich erneut die Gemeinde Flörsheim im Jahr 2021: Lediglich 6,7 Millionen Euro wurden dort budgetiert. Diese Maßlosigkeit sollte jedem halbwegs wirtschaftlich denkenden Menschen Sorgen machen. Es kann so nicht weitergehen.

Jeder vorsichtige Kaufmann, und es gibt keinen Grund, dass dies nicht auch für Kämmerer gilt, versucht die Stellenanzahl zumindest gleichbleibend zu halten. Der Bürgermeister und die Koalition schaffen neue Stellen und schaffen dadurch steigende Kosten und Risiken. Es geht in die Vollen und Vorsicht wird abgelehnt. Wir brauchen dringend ein radikales Umdenken und eine Analyse der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungsapparats.

Denn die Einnahmerisiken stehen längst als Menetekel an der Wand. Eschborn als Top-Standort droht zu verblassen nicht zuletzt aufgrund fehlender Verbesserungen bei der Verkehrsinfrastruktur.
Der Wegzug von Yaskawa und nun weiter auch der Deutschen Bank, sollten nachdenklich darüber stimmen, ob die Hemmungslosigkeit bei den konsumtiven Ausgaben nicht dringend beendet werden muss.

Ich ende, wie ich begonnen habe, mit einem Zitat, dieses Mal von William Shakespeare aus König Heinrich IV.:
„Das bessere Teil der Tapferkeit ist – Besonnenheit“.

Die Fraktion der Freien Demokraten wird daher einen sparsamen und vernünftigen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln stets unterstützen. Der vorliegende Haushalt ist, wie erläutert, an zahlreichen Stellen weit davon entfernt. Da wir jedoch einige Maßnahmen dennoch für richtig halten und auch unterstützen, werden wir uns bei der Abstimmung enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!